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So sah Frankfurts erster Golfplatz aus

1913 eröffnete der Frankfurter Golf Club in Goldstein seinen ersten Golfplatz. Im Krieg zum Gemüseanbau genutzt, wurde der Platz später von Harry S. Colt modernisiert – bald aber aufgegeben.

Luftbild vom ersten Frankfurter Golfplatz in Goldstein
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Wer heute über die gepflegten Fairways des Frankfurter Golf Clubs schlendert, ahnt wohl nicht, wie visionär und turbulent die Anfänge des heutigen Traditionsvereins waren. Die Geschichte beginnt 1913, als der gerade gegründete Club von der Stadt Frankfurt ein 25 Hektar großes Gelände pachtet. Das Areal, das zuvor zum Hofgut Goldstein gehörte, hatte die Familie Luckner an die Stadt verkauft. Ein Glücksfall, denn Carl von Weinberg, Freund und entfernter Verwandter der Luckners, wusste um das leerstehende Hofgut und ebnete so den Weg für den Golfsport in Frankfurt. Bis dahin waren die Frankfurter Golfer auf den recht übersichtlichen Golfplatz im Homburger Kurpark beschränkt gewesen. Der Golfplatz in Goldstein überflügelt den Old Course auf Anhieb.

Frankfurter Golfplatz GmbH

Ein Magistratsbeschluss vom 22. Juni 1912 machte den Weg frei: Er enthielt nicht nur den Entwurf eines 25-jährigen Mietvertrags, sondern stellte auch nüchtern fest, dass Golf zu den „Bewegungsspielen“ gehöre, deren Ausübung in Frankfurt bislang nicht möglich sei. Zur Frage der Finanzierung des Projektes fügte der unterzeichnende Beamte hinzu, dass die „zur Errichtung mindestens notwendigen Gelder von hunderttausend Mark ebenfalls gesichert erscheinen.“ Hierzu erfolgte am 14. Dezember 1912 die Gründung einer Frankfurter Golfplatz GmbH. Zweck dieses Unternehmens war die Anlage und Instandhaltung eines Golfplatzes in Frankfurt am Main. Wie die Leitung der Gesellschaft schon bald mitteilte, ging es dabei um die Bereitstellung des Golfspielplatzes für einen noch zu gründenden Golfclub.  

Mit der Schaffung einer solchen Gesellschaft waren die Gründungsväter des Frankfurter Golf Club ihrer Zeit weit voraus und antizipierten ein wirtschaftliches Konstrukt, das eigentlich erst 80 Jahre später in Deutschland und Mitteleuropa üblich wurde, nämlich die Trennung in Sportverein und Betreibergesellschaft.

Wie der schottische Dundee Courier am 12. Februar 1912 berichtete, wurde der erste Frankfurter Golfplatz von dem Professional A. Jackson aus Bournemouth, England, ausgelegt, der zuvor bereits als Vorarbeiter von James Braid in Romford, England, tätig gewesen war. Bereits fünf Monate nach Konstituierung des Frankfurter Golf Clubs im März 1913, vermeldet die Zeitschrift Lawn-Tennis und Golf die weitgehende Fertigstellung der Golfanlage sowie den Umbau des ehemaligen, in einem schönen Park gelegenen Herrenhauses des Hofgutes Goldstein in ein Clubhaus.

Goldstein-Golfplatz hatte sportlichen Anspruch

Am Donnerstag, dem 4. September 1913 schließlich wurde der Platz in Goldstein feierlich in Betrieb genommen – elf Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Das Eröffnungsmatch spielte Prinz Albert zu Schleswig-Holstein gegen den ersten Frankfurter Professional Joseph G. Longhurst, der vormals und seit 1903 jeweils im Sommer im Homburger Golf Club sowie im Winter im Royal Ascot Golf Club tätig war. Dort brachte er diversen Kindern und Enkeln von Königin Victoria das Golfspiel bei. Prinz Albert, wohl ebenfalls ein Schüler von Joseph Longhurst, spielte im Eröffnungsmatch in glänzender Form und gewann gegen seinen Lehrmeister auf dem letzten Grün mit 35 Schlägen.

Der erste Frankfurter Golfplatz in Goldstein war für Herren bei 9 Löchern 2.256 Meter lang und wurde mit „Platzeinheit 37“ geführt. Er gehörte damit zu den längeren der wenigen Plätze im damaligen Deutschen Reich. Dies war bereits ein deutlicher Hinweis auf den sportlichen Anspruch der Frankfurter Clubgründer. Die Damen spielten, sehr fortschrittlich und durchaus der Zeit voraus, mit Ausnahme der beiden kurzen Löcher alle Bahnen von eigenen Abschlägen über 1.922 Meter bei „Einheit 36“.

Par hieß damals noch Einheit

Der Begriff „Einheit“ bedarf einer kurzen Erklärung: Der heute gebräuchliche Par-Begriff war in Europa damals noch unbekannt. Stattdessen definierte man die Standardrunde eines guten Spielers über den sogenannten „Bogey“, eingedeutscht eben als „Einheit“. Dieser Begriff definierte sich an der Abschlaglänge eines guten Spielers, die in den Zeiten der Schläger mit Hickory-Holzschaft ungefähr 160 Meter betrug. Bei den Herren begann deshalb in jener Zeit „Einheit 4“ bei 200 Meter sowie „Einheit 5“ bei 340 Meter.

Anders als in Bad Homburg handelte es sich bei der Anlage in Goldstein um einen sportlichen Long-Golfplatz. Dennoch ist sein Design noch geprägt von zahlreichen, zur Jahrhundertwende üblichen Cross-Bunkern, die quer über die Spielbahnen verlaufen, sowie kleinen, eher quadratischen als runden Grüns. Wie ein langjähriges Mitglied des Frankfurter Golf Clubs, das den alten Platz noch gekannt hat, zum 50-jährigen Club-Jubiläum im Jahr 1963 schrieb, war  die 9-Loch-Anlage „gemessen an den Anforderungen, die wir heute an Golfplätze zu stellen gewohnt sind, ein Platz von bescheidenen Qualitäten.“

Kein Golf während des Ersten Weltkriegs

Doch die Ansprüche damals waren eben noch andere. Auch die bestehenden namhaften Plätze in Baden-Baden oder Berlin-Westend zeigten sich ähnlich gestaltet. Und so konnten die ersten Frankfurter Golfer durchaus zufrieden sein mit dem, was sie geschaffen hatten. Obwohl dieser Golfplatz nach heutigen Maßstäben also wahrlich kein Meisterwerk darstellte, verbrachten sie hier schöne Stunden. Sie trafen sich meist am Wochenende, fanden das Spiel auf ihren neun Löchern außerordentlich spannend und freuten sich, wenn sie eine 9-Loch-Runde unter 40 spielten.

Doch diese Freude währte nicht lange. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914 verstummte auch das Golfspiel in Goldstein – der Platz lag bald öde und verlassen da. Der Krieg brachte Not, und bereits 1915 stellte der FGC deshalb einen Teil des Goldstein-Geländes der Gemeinde Schwanheim zum Anbau von Gemüse zur Verfügung. Auf dem Rest des Golfplatzes wird Heu geerntet. Nach Ende des Krieges warf die Gemeinde ein Auge auf die wunderbaren Clubräume und beabsichtigte diese in Wohnungen aufzuteilen. Tatsächlich aber richteten sich französische Besatzungssoldaten im Clubhaus ein. Nach langen Verhandlungen gelang es, den ungebetenen Besuch herauszukomplimentieren.

Bei Kriegsbeginn hatte der Club bereits rund 200 Mitglieder. Vier Jahre später lag der Golfsport in Deutschland und in Frankfurt am Boden. Sechs von 16 ehemals im Deutschen Golf Verband registrierten Clubs sind aufgelöst. Aber der Frankfurter Platz und der Club hatten mit Mühe und Not überlebt. 1922 wurden in Goldstein die Verbandsmeisterschaften von Deutschland ausgerichtet.

Golf im Schatten der Besatzung

Als schließlich auch nochmalige Pläne, die Golfwiesen in Kartoffeläcker umzuwandeln, um die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen, abgewendet werden konnten, schienen Platz und Golfhaus für den Frankfurter Golf Club gerettet. Aber durch die Ruhrbesetzung Anfang 1923 ergaben sich sofort neue Schwierigkeiten. Nachdem das Ruhrgebiet unter der Last der im Frieden von Versailles vereinbarten Reparationszahlungen ächzte und die Reparationskommission der Siegermächte einstimmig feststellte, dass Deutschland mit seinen Reparationslieferungen im Rückstand war, besetzten französische und belgische Truppen kurzerhand das Ruhrgebiet und weite Teile Westdeutschlands bis ins heutige Südhessen.

Frankfurt und Schwanheim waren plötzlich durch eine Besatzungsgrenze getrennt. Die Frankfurter Golfer hatten Schwierigkeiten, zu ihrem Platz zu gelangen. Die Lage des Golfplatzes Goldstein im besetzten Gebiet beeinträchtigte deshalb die sportliche Betätigung stark, und während des sogenannten „Ruhrkampfes“, dem passiven Widerstand der Deutschen, kam diese fast vollständig zum Erliegen. 1923 und 1924 konnte der Frankfurter Golf Club deshalb nicht einmal seine Clubmeisterschaften austragen.

Erst mit Aufhebung der Verkehrssperre durfte der Platz wieder regelmäßig bespielt werden. Es gelang dem Club, die von den Besatzern angerichteten Schäden einigermaßen zu reparieren. 1925 wurde mit Bert Hambrook wieder ein englischer Professional und Greenkeeper eingestellt.

Der Frankfurter Golf Club denkt groß

Mit der Wiederaufnahme eines geregelten Spielbetriebs Mitte der zwanziger Jahre wurde rasch deutlich, dass die Golfplatz in Goldstein den gewachsenen sportlichen und architektonischen Ansprüchen des Clubs nicht mehr genügte. Verglichen mit führenden ausländischen Plätzen und den neu entstandenen Anlagen in Deutschland, etwa in Bad Salzbrunn oder Berlin-Wannsee, wirkte der Platz überholt. Der Frankfurter Golf Club unter seinem Vorsitzenden Carl von Weinberg reagierte entschlossen und selbstbewusst: Er beschloss einen grundlegenden Umbau nach modernen Maßstäben der Golfplatzarchitektur.

Golfplatz Frankfurt Goldstein
Das 1927 neuangelegte Layout des Golfplatzes in Goldstein. Foto: Sammlung Christoph Meister

Der Club beauftragte das renommierte britische Architekturbüro Colt & Co. das den Umbau in der Zeit von Oktober 1926 bis März 1927 durchführte. Architekt vor Ort ist John S.F. Morrison, die Bauausführung erfolgte durch die britische Firma Franks Harris Brothers unter Leitung des Vorarbeiters W.A. Murray, Mitglied des britischen Walker-Cup-Teams von 1924.

Weniger bestrafendes Design nach dem Umbau

Die Eröffnung des umgebauten und für Herren um 519 Meter auf 2.775 Meter verlängerten Platzes erfolgte am 2. April 1927 durch einen Treibschlag des Präsidenten Carl von Weinberg. Dieser Tag stellte einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung des Frankfurter Golf Club dar. Auf dem erneuerten Platz waren nun auch taktische Fähigkeiten der Spieler gefragt, denn die nach dem veralteten, rein bestrafenden Design ausgelegten Quer-Bunker waren bis auf zwei Ausnahmen verschwunden.

Doch dieser modernisierte Golfplatz wurde nicht einmal zwei Jahre alt. Denn die Stadt Frankfurt verfolgte den Plan, in Goldstein eine Wohnsiedlung zu errichten. Den Frankfurter Golfern bot sie im Gegenzug die Gelegenheit, im benachbarten Niederrad selbst große Pläne zu verwirklichen: einen 18-Loch-Platz. Schon kurz nach Fertigstellung der umgebauten Goldsteiner Anlage kam es im Jahre 1927 zur Ausführung letzteren Projekts, und zwar wiederum nach den Plänen der Firma Colt & Co., in die nun auch Morrison als Partner eingetreten war.  

Anfang September 1928 wurde der neue und heutige Platz in Frankfurt-Niederrad mit einem Länderspiel gegen Holland eröffnet. Er war erst der vierte 18-Löcher-Platz in ganz Deutschland. Bis zur Fertigstellung des Clubhauses im Jahre 1929 nutzte der Frankfurter Golf Club dann noch das Clubhaus des benachbarten Poloplatzes.

Wo einst der Golfplatz von Goldstein lag, erstreckt sich heute zwischen Stadtwald und Main eine Wohnsiedlung mit mehr als 11.000 Menschen. Nur noch historische Aufzeichnungen erinnern daran, dass hier einst Frankfurts Golfgeschichte begann. Doch ohne diesen ersten Platz, ohne den Mut der Gründer und ohne die Jahre zwischen Krieg, Besatzung und Neubeginn gäbe es den Frankfurter Golf Club in seiner heutigen Form nicht.

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