StartArtikel„Golfplätze leisten Hochwasserschutz und Kühlung“

„Golfplätze leisten Hochwasserschutz und Kühlung“

Interview mit dem Kelkheimer Landschaftsbauingenieur Andreas Klapproth über Golfanlagen als Schwammlandschaften und ihren Mehrwert bei steigenden Temperaturen und zunehmendem Extremwetter.

Golfplätze als Schwammlandschaften, Royal Homburger Golf Club
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Herr Klapproth, bei einem Symposium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zum Thema Sport und Wasser haben Sie Golfplätze als Schwammlandschaften gelobt. Ganz besonders haben Sie den New Course des Royal Homburger Golf Clubs hervorgehoben. Warum?

Andreas Klapproth: Der neue Speicherteich auf Bahn 18 des New Course ist ein Wegweiser für eine nachhaltige Wasserwirtschaft. Er vereint mehrere Funktionen: Als Speicher von Oberflächenwasser schont er die Ressourcen, denn es braucht dadurch kein Grundwasser und erst recht kein Trinkwasser für die Beregnung der Rasenflächen. Außerdem dient der Teich wie die gesamte Golfanlage bei Starkregenereignissen als Rückhaltefläche zum Hochwasserschutz tiefer gelegener Stadtgebiete. Nebenbei versorgen Golfplätze wie in Bad Homburg, am Chausseehaus in Wiesbaden oder in Kronberg dank ihrer Lage in Frischluftschneisen zwischen Taunus und Stadt versiegelte Wohngebiete mit frischer, kühler Luft.

Sind Golfplätze nicht per se Schwammlandschaften?

Andreas Klapproth: Mehr oder weniger. Die Frage ist: Wie gut sind die Böden in der Lage, Wasser aufzunehmen und zu speichern? Dafür braucht es gerade bei schweren Böden regelmäßig mechanische Arbeiten. Eine Tiefenlockerung bis 35 oder 40 Zentimeter bricht den Boden auf und verzahnt den Oberboden mit dem Untergrund. Tiefere Bodenschichten können dadurch mehr Wasser aufnehmen und Gräser und Bäume tiefer wurzeln. Das macht sie resistenter für trockene Phasen. Dann sind Golfplätze Schwammlandschaften.

„Es fällt mehr Regen, als eine Golfanlage benötigt“

Reicht denn das Wasser, das vom Himmel fällt, um einen Golfplatz zu versorgen?

Andreas Klapproth: Ja. Das ganze Jahr über gesehen fällt auf einer Golfanlage mehr Regen an, als diese zur Bewässerung und Erhaltung benötigt. Ziel muss es allerdings sein, dass das Wasser den Golfplatz nicht verlässt, sondern an Ort und Stelle entweder versickert und/oder in Speicherteichen gesammelt wird. Das eine führt zur Neubildung von Grundwasser, das andere ermöglicht es, Wasser in Trockenphasen bedarfsgerecht an die Natur abzugeben. Sammeln kann man Niederschlagswasser von Dachflächen, Parkplätzen und Wegen, aber auch von Grünflächen selbst, wenn der Boden bei Starkregenereignissen nicht alles aufnehmen kann.

Besonders aufnahmefähig dürften die weniger verdichteten Roughflächen sein. Aber die bereiten den Greenkeepern auch die wenigsten Sorgen, weil dort am wenigsten gespielt wird.

Andreas Klapproth: Natürlich sollten die Fairways möglichst viel Wasser aufnehmen. Aber ein Golfplatz profitiert auch davon, wenn überschüssiges Wasser in Roughflächen landet. Die wechselfeuchten Biotope auf dem New Course in Bad Homburg liegen größtenteils tiefer als die Fairways. Niederschläge, die dort landen, ermöglichen es auch den angrenzenden Spielflächen, weniger schnell auszutrocknen. Im Übrigen entstehen dadurch neue Lebensräume für Amphibien, Eidechsen, Libellen. Das Wasser erbringt im Rough also eine wichtige Ökosystemleistung.

Beim DOSB-Symposium haben Sie von einer entspannten Grundwassersituation gesprochen, aber von großer Bodentrockenheit. Wie lässt sich dieser scheinbare Widerspruch erklären?

Andreas Klapproth: Beides gilt natürlich nicht pauschal für ganz Deutschland. Schon innerhalb der Rhein-Main-Region haben wir große Unterschiede. In Wiesbaden, südlich von Frankfurt sowie entlang des Rheins hat sich die Grundwassersituation zuletzt entspannt. Der Taunus hingegen reagiert deutlich empfindlicher auf Trockenphasen. Er verfügt auch über deutlich weniger Grundwasser. Die verstärkte Bodentrockenheit resultiert aus dem Anstieg der Temperaturen. Durch eine Erwärmung der Rhein-Main-Region um 1,5 bis 2 Grad hat sich die Vegetationszeit bereits um circa drei Wochen verlängert. Heißt: Im Frühjahr bilden die Bäume früher Blattmasse und werfen sie im Herbst später ab. Durch die höhere Temperatur verdunstet die Vegetation stärker, und die Böden trocknen schneller aus.

„Mit Starkregen steigt Herausforderung, Wasser zu speichern“

Und wenn es dann regnet, dann umso heftiger?

Andreas Klapproth: Mehr Verdunstung führt zu verstärkter Wolkenbildung und größeren Regentropfen. Mit Starkregenereignissen steigt die Herausforderung, Wasser in den Boden zu bringen oder zu speichern. Jeder Tropfen Süßwasser, der im Main, dann im Rhein und letztlich in der Nordsee landet, ist für unsere Flächen verloren.

Wenn es um den Verbrauch von Wasser geht, geraten Golfplätze oft als erstes in die Schusslinie, weil sie auf große Mengen Wasser angewiesen sind. Was macht für Sie auf dem Golfplatz einen verantwortungsvollen Umgang mit Wasser aus?

Andreas Klapproth: Golfplätze müssen nicht aus perfekt grünem Rasen bestehen. Das ist in den meisten Köpfen auch angekommen. Braun ist phasenweise das neue Grün – zumindest bei Fairways. Selbst die Grüns und Abschläge müssen nicht perfekt grün sein, solange sie ausgewogen mit Wasser versorgt sind. Es geht ja nicht darum, wie ein Landwirt Pflanzenmasse zu produzieren, also nicht um Ertrag. Wenn das Wasser knapp wird, genügt eine Menge, die die Pflanze am Leben hält. Wenn ich das langfristig bei der Pflanzenerziehung berücksichtige, habe ich Rasen, der tiefer wurzelt, gesünder und stressresistenter ist. Das nennt sich integrierter Pflanzenschutz.

Landschaftsbauingenieur Andreas Klapproth. Foto: Privat

Welche Rolle spielt die Beregnungstechnik?

Andreas Klapproth: Moderne Technik hilft dabei, Wasser zu sparen, ist aber kostspielig. Es empfiehlt sich, als Club seine Beregnungsanlage laufend zu erneuern, um nicht irgendwann vor einer riesigen Rechnung zu stehen.

Wie viel Prozent der Golfanlagen in Deutschland sammeln Oberflächenwasser?

Andreas Klapproth: Etwa 60 bis 70 Prozent.

Haben Brunnen auf Golfplätzen ausgedient?

Andreas Klapproth: Es gibt nicht für jede Anlage die gleiche Lösung, aber ich bevorzuge Speicherteiche. Regenwasser hat die beste Qualität, und ein Teich ist neben seiner technischen Funktion für die Beregnung auch ein Gestaltungselement in der Landschaft, ein Spielhindernis und ein Lebensraum.

Ein Speicherteich ist ein beachtliches Investment. Kann er sich wirtschaftlich überhaupt bezahlt machen?

Andreas Klapproth: In den meisten Fällen rechnet sich ein Speicherteich. Im Optimalfall in sieben Jahren, im Durchschnitt in zehn bis zwölf Jahren. Aber welche Alternative gibt es denn? Vertrocknet der Golfplatz komplett und kann über einige Monate nicht bespielt werden, dann ist die Investition zur Wiederherstellung um ein Vielfaches größer – mal abgesehen vom Imageschaden.

Zur Person: Andreas Klapproth

Andreas Klapproth ist seit mehr als 30 Jahren in der Freiraum- und Objektplanung sowie in der Golf- und Sportplatzplanung mit Bauüberwachung tätig. Seine Spezialgebiete sind die Bewässerung, Wasserbaumaßnahmen und Bewertung von Wasseranalysen. Seit 2005 ist er Leiter des Arbeitskreises Bewässerung und Mitglied im Beraterteam des Deutschen Golf Verband e.V. im Bereich Golf und Natur sowie Golfplatzpflege und unterrichtet seit 1999 als Gastdozent an der DEULA Rheinland.

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