Dass der erste Abschlag hinter dem Grün im Gebüsch landet – geschenkt. Jochen Nachtwey saß gerade noch im Auto. Für die Interview-Runde mit „Mitte Fairway“ legt der Unternehmensberater einen Kaltstart hin. Der Kurzplatz des Golf-Club Neuhof: Bahn 1,87 Meter bis zur Fahne, leichter Gegenwind von rechts. Nachtweys zweiter Versuch sitzt. Gut Golf zu spielen, das ist ihm wichtig. Mit dem Golfclub Bergisch-Land war er zweimal Deutscher Mannschaftsmeister. Heute spielt Nachtwey für das Neuhöfer AK50-Team in der ersten Hessenliga.
Jochen Nachtwey: „Unser Club ist heute sehr gut aufgestellt“
Nach einer Amtszeit als Vize-Präsident und Sportwart wurde der 57-Jährige kürzlich zum Präsidenten gewählt. Er trägt nun die Verantwortung für eine der größten Golfanlagen der Region und circa 1600 Mitglieder. „Unser Club ist heute sehr gut aufgestellt“, würdigt Nachtwey seinen Amtsvorgänger Andreas Seum. Unter diesem hatte der Golf-Club Neuhof die Zahl seiner Mitglieder kontinuierlich steigern können und zuletzt ein zukunftsweisendes Speicherteichprojekt erfolgreich abgeschlossen.
„Wir haben mittlerweile mehr als 300 Kinder und Jugendliche im Club, von denen 80 Prozent regelmäßig am Training teilnehmen“, berichtet Nachtwey. Das Herren-Team des Clubs schickt sich an, nach zwei verlorenen Aufstiegsspielen endlich den Sprung in die erste Bundesliga zu schaffen. Auch wenn Nachtwey Golf sehr sportlich sieht und sein Sohn Tim zum Herrenkader zählt, liege ihm viel daran, den Breitensport zu fördern.
„Ich möchte, dass unser Clubleben wieder lebendiger wird“, sagt Jochen Nachtwey. Er denke an Turniere und andere Veranstaltungen, wie zuletzt die Einweihung der neuen Duschen, zu der fast 100 Mitglieder kamen und gemeinsam feierten. „Es muss normal sein, dass die Leute auch wieder in den Club kommen, wenn sie einfach mal ein Bier trinken wollen“, so Nachtwey, der sich sein alkoholfreies Bier – es ist 11.30 Uhr – gerade mit einem Birdie auf Bahn 2 verdient hat.
Fast jeden Tag ist der Präsident im Club
Der neue Präsident wohnt in Götzenhain, wenige Minuten von der Golfanlage entfernt. So gut wie jeden Tag sei er im Club, natürlich nicht immer mit Golfschlägern. Wenn doch, dann begeisterten ihn gerade die Bahnen 13 und 14 des Parkland-Courses. „Im Sommer, morgens um 8 Uhr, wenn die Feuchtigkeit vom Boden aufsteigt und wegen der Ruhe noch viele Tiere zu sehen sind, das sind immer wieder die schönsten Momente, die ich hier erlebe“, sagt Nachtwey.
Nach seiner Banklehre habe er studiert, BWL und VWL, anschließend darüber promoviert, dass die vorhandenen Strukturen Langzeitarbeitslosen im Ruhrgebiet nicht genügend Anreize boten, um wieder in Arbeit zu kommen. „Die Doktorarbeit liest sich noch heute recht aktuell“, sagt Nachtwey. Lange habe er für Zahlungsdienstleiter gearbeitet, unter anderem für American Express im Kartengeschäft, und beim Aufbau des Zahlkartengeschäfts von PayBack, bis er sich als Unternehmensberater selbstständig gemacht habe. „Eine Entscheidung für mehr Selbstbestimmtheit und dafür, meinen Sohn aufwachsen zu sehen“, sagt Nachtwey. Wäre er heute noch angestellt wie früher, hätte er das Ehrenamt im Golf-Club Neuhof unmöglich annehmen können, ist er sich im Klaren.
Unbezahlbarer Kurzplatz
Bei aller Liebe zum Golf hat Nachtwey auch einen kühlen betriebswirtschaftlichen Blick auf seinen Club. Die insgesamt 33 Golfbahnen seien Möglichkeit und Verpflichtung zugleich, ein breites Publikum mit ganz verschiedenen Bedürfnissen und Ansprüchen an Golf anzusprechen. Vom Parkland-Course, dem Premium-Produkt des Clubs, bis hin zum Kurzplatz. Auf diesem reiht der Präsident nach seinem Birdie ein sicheres Par an das nächste. „Der Kurzplatz ist unbezahlbar“, schwärmt er. Anfänger könnten hier sehr schnell die Faszination Golf erleben. Etwas, das Jochen Nachtwey seit seinem siebten Lebensjahr begleitet.
