Der Golfclub Taunus Weilrod, der Golf-Club Schloss Miel und der St. Eurach Land- und Golfclub haben sich von einer alten Gewohnheit im Golf verabschiedet: den farbigen Abschlagsmarkierungen. Statt auf Weiß, Gelb, Blau, Rot und Orange setzen sie im Rahmen eines Pilotprojekts auf ein modernes System, in dem die Abschläge mit Hektometer-Angaben und Buchstaben gekennzeichnet sind. Das Ziel: Mehr Spielspaß, weniger Frust, keine Scham mehr bei der Abschlagwahl. Das Golfspiel soll sich an den Fähigkeiten der Menschen orientieren, nicht an deren Geschlecht oder Alter.
Von A bis H: Flexibilität statt Farbzwang
Im GC Taunus Weilrod wurden im Frühjahr 2025 auf jeder der 18 Bahnen acht neue Abschläge eingerichtet, die mit den Buchstaben A bis H gekennzeichnet sind. A steht für das hinterste, H für das vorderste Tee. Parallel ist auf jeder Bahn die Hektometer-Zahl angegeben, die der Gesamtlänge des Platzes vom jeweiligen Tee entspricht. „In Ländern wie Spanien, den Niederlanden und auch in Skandinavien wird das schon lange so angewendet. Und auch die Erfahrungen aus den USA mit Tee it forward sind durchweg positiv“, sagt Marcus Neumann, Sportvorstand des Deutschen Golf Verbands (DGV). „Die Orientierung fällt leichter, die Abschlagswahl ist sinnvoller, und der Einstieg in den Sport wird deutlich erleichtert.“
Die klassischen Farben sind im Golfclub Taunus Weilrod verschwunden. Aus gutem Grund, wie Clubpräsident Thorsten Göbel erklärt: „Ich habe schon ältere Golfer gehört, die gesagt haben: Bevor ich auf den roten Abschlag gehe, gehe ich auf die Damen-Toilette. Rot war für viele Herren eine Verbotszone.“
Um Mitgliedern und Gästen die passende Wahl des Abschlags zu erleichtern, wurde im GC Taunus Weilrod eine „Handicap-Ampel“ eingeführt. Diese zeigt an, welcher Tee für welche Kombination aus Handicap und Schlagweite (Carry) sinnvoll ist. Dabei handelt es sich nicht um eine starre Regel, sondern um eine Empfehlung, so Göbel: „Natürlich gibt es Golfer mit Handicap 48, die den Ball 220 Meter weit schlagen. Für sie mag ein vorderes Tee nicht passen. Aber an Wochenenden und Feiertagen ist die Ampel bindend, um für alle ein zügiges Spiel zu gewährleisten.“

Ein Golfplatz, der sich dem Spieler anpasst – nicht umgekehrt
Hinter dem Projekt steht ein Paradigmenwechsel: Während Spielerinnen und Spieler sich bislang nach Geschlecht „ihrem“ Abschlag zuordnen mussten – egal wie alt sie sind –, dreht das neue System dieses Denken um. „Ab jetzt muss man seine Fähigkeiten nicht mehr dem Platz anpassen, sondern man bekommt einen Platz gestellt, der zu seinen individuellen Fähigkeiten passt“, so Thorsten Göbel.
Der GC Taunus Weilrod hat für die Umstellung viel Eigenarbeit und circa 8.000 Euro investiert. Darin enthalten: neue Markierungen für die Hektometer-Abschläge und Bahntafeln, überarbeitete Scorekarten und Änderungen in der Clubsoftware. Die Mehrheit der Mitglieder steht laut Club hinter dem neuen Konzept.
Rating bleibt erhalten, Stableford bleibt fair
Entscheidend für die sportliche Akzeptanz: Alle acht Abschläge sind voll geratet, sodass bei vorgabewirksamen Runden oder Stableford-Spielen eine korrekte persönliche Spielvorgabe berechnet wird. Wer also von einem vorderen Tee spielt, hat automatisch weniger Schläge vor, da der Platz einfacher ist. Besonders Anfänger profitieren davon, weil sie nun echte Chancen haben, auf regulärem Weg ein Brutto-Par oder Bogey zu spielen – ein oft entscheidender Faktor für Motivation und langfristige Bindung an den Sport.

Der Anstoß zur Umstellung auf Hektometer-Abschläge kam im vergangenen November von Clubmitglied und DGV-Mitarbeiter Malcolm Gourd. Er brachte die Idee auf, ausländische Konzepte wie „Tee it forward“ in Deutschland anzuwenden. Innerhalb von drei Monaten setzten Gourd und der Club – in Abstimmung mit dem DGV – das neue System um.
Der Gesamtplatz in Taunus Weilrod misst vom Abschlag A etwa 5.900 Meter (59 Hektometer) – aber je nach gewähltem Tee ist eine Spielrunde auch deutlich kürzer möglich. Die ehemals gelben Herrenabschläge entsprechen heute einem Mix aus den Positionen B und C. Allerdings sind sie nun nicht mehr mit Erwartungen, sondern mit Zahlen und Buchstaben verbunden.
Druck raus, Spaß rein – besonders für Einsteiger
Die Verantwortlichen sehen darin vor allem eine Chance, den Senioren, dem Nachwuchs sowie Neu-Golfern mehr Freude am Spiel zu ermöglichen. Denn eines ist gesichert: Viele Golfanfänger geben den Sport innerhalb der ersten Jahre wieder auf, weil sie Frust und Überforderung erleben. „Unser Platz ist für viele Anfänger sehr schwierig, was Druck und Stress erzeugt“, sagt Thorsten Göbel. Gerade das wollten sich manche in ihrer Freizeit nicht antun. „Insofern wird die neue Kennzeichnung der Abschläge Golf definitiv voranbringen“, ist der Clubpräsident überzeugt.
Sollte sich der Ansatz der Hektometer-Abschläge durchsetzen, könnte daraus mittelfristig ein neuer Standard für deutsche Golfplätze werden. Die Abschläge von A bis H und eine Handicap-Ampel sind ein Weg zu weniger Stigma, mehr Individualität und weniger Frust. Im Golfclub Taunus Weilrod ist man sicher, dass das genau der richtige Weg ist, um mehr Menschen langfristig für Golf zu begeistern.
Das Pilotprojekt der DGV ist zunächst auf zwei Jahre ausgelegt. In dieser Zeit sollen laut Verband Erfahrungen gesammelt und ausgewertet werden. „Erfolg zeigt sich daran, ob die neuen Abschläge angenommen werden, die Spielfreude steigt und sich die Drop-out-Quote verringert“, sagt Marcus Neumann. „Wichtig ist uns vor allem auch das Feedback der Spielerinnen und Spieler.“